Besuch von Liza und Guy Larson
Der Besuch von Liza und Guy Larson am 19./20. August 2018 in Gündelbach war in vielerlei Hinsicht bemerkenswert. Er ist der bisher letzte einer ganzen Reihe von Besuchen, die nach dem Ende des 2. Weltkriegs 1952 mit dem Besuch von Kenneth Aisenbrey begannen (eine Auflistung aller Besuche gibt es bei "Liste aller Besucher"). Alle Besucher sind Mitglieder eines Aisenbrey-Familienzweigs, der in den USA von Christian Aisenbrey (1857 - 1941) gegründet wurde (Liza ist die Ur-Ur-Enkelin von Christian).
Liza's Besuch zeigt eindrucksvoll, daß ausgewanderte Familienmitglieder über Jahrhunderte hinweg den Kontakt zum Heimatland aufrecht erhielten und nie ihre Wurzeln in Gündelbach vergaßen. Denn die Geschichte dieses Familienzweigs begann mit der Auswanderung von Philip Bernhard Aisenbrey (1779 - 1834) im Jahre 1804 nach Russland. Er folgte dem Ruf der damaligen russischen Kaiserin Katharina, die ihren deutschen Landsleuten kostenloses Land und viele Privilegien versprach. Zur Geschichte der Auswanderer nach Russland und in die USA gibt es einen Film mit deutschen Untertiteln:
https://drive.google.com/file/d/1Dh5MKjvj2YVgArTif9y6tlm3JSJNaWGP/view?usp=sharing
Philip Bernhard Aisenbrey war der Großvater von Christian Aisenbrey (1857 - 1941).
Was für ein Mensch war nun Christian?
Dieses alte Photo zeigt 4 Generationen: in Bildmitte sitzt Christian. Die hintere Reihe zeigt ganz rechts im Bild seinen ältesten Sohn Karl, links daneben steht dessen Sohn Herbert und das Kind davor ist Herbert's Sohn LaVern.
Christian Aisenbrey wurde am 30. Januar 1857 in der Kolonie Neuburg in Südrussland geboren. Christian starb am 1. Januar 1941 in Menno, South Dakota.
Christian emigrierte im Mai 1874 mit seinen Eltern und seinem Bruder Karl nach Menno. Sie benutzten das Auswanderer-Schiff „Hermann“, das den Hafen von Baltimore, Maryland, anlief. Mit der Eisenbahn fuhren sie weiter nach Yankton, Dakota Territory (das später zum Bundesstaat South Dakota wurde). Dieser Zug verunglückte schwer in Ohio, und die Passagiere waren gezwungen, neben den Gleisen zu kampieren, bis der Zug und die Gleise repariert waren.
Am 18. November 1877 heiratete Christian seine Freundin aus Kindertagen: Christiana geb. Keck wurde am 27. Februar 1859 in der Kolonie Johannestal in Russland geboren. Auch die Familie Keck emigrierte im Mai 1874 auf dem Schiff „Hermann“ nach Amerika.
Christian war eine außergewöhnliche Person mit vielfältigen Fähigkeiten. Er war sehr aktiv auf den verschiedensten Gebieten, sehr kommunikativ mit hohem Gemeinschaftssinn. Von 1873 bis 1877 war er Schullehrer und von 1878 bis 1890 war er Farmer. Als er die Farm aufgab, verpachtete er das Land und zog nach Menno. Christian war dann von 1890 bis 1891 beim Landratsamt angestellt, war von 1891 bis 1894 stellvertretender Schatzmeister und von 1894 bis 1902 Schatzmeister des Landkreises. Von 1902 bis 1917 war er Postamtsleiter, Besitzer eines Lebensmittel- und Möbel-Geschäfts und von 1902 bis zu seinem Tode war er Leichenbestatter und leitete das Beerdigungs-Institut in Menno. Auch im Kirchengemeinderat war Christian tätig. Christian Aisenbrey und Christiane Keck hatten 12 Kinder:
Karl, Katherina, Magdalena, William, Lydia, Emmanuel, Emilia Magdalena, Reinhold, Martha Margaretha, Bethuel John, Huldridge Solomon, Talitha Ernestina.
Zwei von Christians Söhnen führten weiter, was er begonnen hatte:
Reinhold wurde Leichenbestatter und führte das Beerdigungs-Institut (Aisenbrey Funeral Home). Außerdem baute er das Lebensmittel-Geschäft seines Vaters aus (Aisenbrey Grocery Store).
Bethuel führte sein Leben lang das Postamt in Menno (Rural Post Master).
Vor allem Christian ist es zu verdanken, daß die Verbindung zur Heimat in Deutschland nie abbrach, obwohl die Kommunikation während der beiden Weltkriege äußerst schwierig war (Bethuel war Soldat im 1. Weltkrieg). In Deutschland gab es unseres Wissens nur zwei Ansprechpartner:
Johannes Aisenbrey (1887 - 1972)
Gotthilf Aisenbrey (1878 - 1967)
Johannes war Ingenieur und lebte in Berlin. Gotthilf (mein Großvater) war Obertopograph und lebte in Stuttgart. Beide hatten mit Unterbrechungen einen Briefwechsel mit Christian in Menno. Nach dessen Tod hat Gotthilf den Briefwechsel mit Bethuel fortgesetzt. Besonders nach Ende des 2. Weltkriegs hatte Gotthilf auch Briefwechsel mit Pfarrern verschiedener Kirchengemeinden (in Menno und in Alpena/MI). Ein Schriftverkehr in deutscher Sprache war damals noch kein Problem, da selbst die Pfarrer ihre Predigten in Deutsch hielten.
Nur folgerichtig kam dann als erster Besucher 1952 Kenneth (Sohn von Bethuel) nach Stuttgart. Ein Besuch in Berlin war wegen der politischen Verhältnisse nicht möglich. Dies war der Beginn einer ganzen Reihe von Besuchen unserer Verwandten in der Heimat ihrer Vorfahren.